Axpo Hüttenpreis

Vom 28.06. bis 05.10.2014 lief die Aktion Axpo-SAC-Hüttenpreis 2014, bei der verschiedene SAC-Hütten besucht werden können. Nach dem Besuch der ersten Hütte hatte ich plötzlich die Idee, während der 100 Tage alle 58 Hütten zu besuchen. Dieses für einen Alpinisten etwas aussergewöhnliche Vorhaben eröffnet doch die ein oder andere neue Perspektive auf die Hütten, die ich lange Zeit als Mittel zum Zweck betrachtete. Bitte beachtet folgende Hinweise

Sonntag, 13. Juli 2014

Cinque Capanne Ticinesi

Oder - Fünf auf einen Streich!
Die Capanna Cristallina kannte ich bislang nur im Winter. Eine meiner ersten Skitouren führte mich in den 80er Jahren zu dieser Hütte und dann auf den gleichnamigen Berg. Jahre später war ich dort nochmals unterwegs, diesmal zur neuen Hütte am sicheren Standort, denn die alte Hütte war - wie auch ihre unmittelbare Nachfolgerin - einer Lawine zum Opfer gefallen.
Der früheste Zug brachte mich vom verregneten Aargau nach Airolo, bald war mit dem Postbus Ossasco (1313m) im Val Bedretto erreicht. Beim Aussteigen nahm ich kurz den Schatten zweier Velofahrer wahr, die die Nufenen Passtrasse nach Airolo hinunter rauschten. Kurz fühlte ich mich an die gleiche Abfahrt während des letztjährigen Alpen-Brevets erinnert, als ich es kaum erwarten konnte, die holprige Betonplattenpiste hinter mich zu bringen. Aber heute war ich nicht mit Velo sondern mit Bergschuhen und Rucksack unterwegs.

Capanna Cristallina CAS












Zügig waren die ersten 1300 Höhenmeter absolviert und um pünktlich zum Mittagessen auf der Capanna Basódino zu sein, legte ich am Cristallina-Pass keine wirkliche Rast ein. Ein Föteli von Hütte und Hüttencode und weiter ging's an kalten Seen entlang zum Ausgleichsbecken Lago di Robiei und der nahe gelegenen Hütte, wo ich noch vor Mittag eintraf.

Capanna Basòdino CAS












Die Hüttenwarte bewirteten mich sehr freundlich und erzählten einiges Interessante über die Geschichte ihrer Unterkunft. Auch dass im Sommer gerne Tagesgäste mit der Seilbahn kommen und man vor einigen Jahren sogar zum Mittagstisch reservieren musste. Die Zeiten haben sich wohl geändert. Mit dem Hinweis des Hüttenwarts, auf meinem weiteren Weg ja nicht den Lago dei Matörgn auszulassen, verabschiedete ich mich nach einer halben Stunde in Richtung Italien.


Erstaunte Weggenossen












Mein Zeitplan war gut kalkuliert, das nächste Hüttenziel sollte ich rechtzeitig erreichen, wo ich mich - wie es sich gehört - zur Übernachtung angemeldet hatte. An der Bocchetta di Val Maggia betrat ich italienischen Boden und eine rasante aber mühelose Schneefeldabfahrt erleichterte den Abstieg in die Val Toggia. Wenige Meter folgt man der Militärstrasse aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, erreicht bald den Passo San Giacomo und betritt damit wieder helvetischen Boden.


Italia












Der Weg zur Capanna Corno Gries zog sich dann doch etwas, was eigentlich nicht wundern sollte, war ich jetzt fast 9 Stunden ohne längere Pause unterwegs. Ein kurzer Schlussanstieg verlief - im Gegensatz zur Architektur der Unterkunft - dann eher unspektakulär.
Capanna Corno Gries CAS












Mit den Hüttenwarten entwickeln sich häufig interessante Gespräche, etwa über die Geschichte der Hütte, der alpinen Verhältnisse von Routen oder auch über die Hütteninfrastruktur. So auch mit Jutta Jerono, die auf der Corno Gries nicht nur für Recht und Ordnung sondern mit ihren Mitarbeitern auch für das Wohlergehen Aller sorgt. So ein Job ist sehr anstrengend, man ist lange auf den Beinen und es werden vielseitige Qualitäten gefordert, von handwerklichen bis zu psychologischen. Ausserhalb der Saison oder wenn wetterbedingt weniger Gäste anwesend sind, ist die Atmosphäre natürlich entspannter als wenn Hochbetrieb herrscht oder wenn die Hütte - wie man auf gut Schweizerdeutch sagt - "bumsvoll" ist.

Da ich am nächsten Morgen früh aufbrechen wollte, stellte ich mich darauf ein, mir am Vorabend bereits zwei Frühstücksbrote vorzubereiten. Doch Jutta liess es sich nicht nehmen, etwas früher aufzustehen und mir morgens vor 5 heissen Kaffee und ein ordentliches Frühstück zu servieren. Es wäre zwar keine typische Westalpenhütte, aber soviel Service ist immer drin. Und ich hätte ja noch einiges vor heute. Ein solches Angebot nahm ich gerne an, zumal sie ja recht hatte und mir noch etwas bevorstand.
Capanna Piansecco - Blick Richtung Uri












Es war schon hell, als ich die Hütte verliess und bald die Passstrasse erreichte. Dieser folgt man Richtung Nufenen bis zur grossen Kehre, um dann in etwa gleichbleibender Höhe zur Capanna Piansecco zu queren. Eine Hütte im Abstieg. Warum nicht! Quasi en passant besorgte ich den Code als Nachweis meiner Anwesenheit und stand eine gute halbe Stunde später in All'Acqua. Hier schliesst sich ein Kreis, war dieser Ort bislang stets Ziel meiner skialpinistischen Erlebnisse in dieser Gegend. Zwei junge Berner waren so freundlich, mich im VW Bus nach Airolo mitzunehmen, wo ich kurze Zeit später den Bus nach Dalpe erwischte.



Capanna Campo Tencia am Fuss des gleichnamigen Bergs












Dann begann wieder ein Rechenspiel mit der Zeit. Ankunft in Dalpe 10 Uhr und genau 4 Stunden später fuhr ein Bus zurück. Dies sollte reichen, um der Capanna Campo Tencia einen Blitzbesuch abzustatten, war aber ambitioniert.

Kurz vor Mittag kam ich in der alpinen Welt des Franco Demarchi in den Genuss eines grandiosen Apfelstrudels, den ich sichtlich geniessen konnte. Zeitlich war alles im grünen Bereich, denn wegen zweier Schneefelder im Schlussanstieg und der Möglichkeit, diese zum Abfahren zu nutzen, hatte ich ausreichend Reserve.

Fazit: 5 Hütten (oder besser: Cinque Capanne) in einer beeindruckenden Umgebung.

Fakten:
Tag 1:Ossasco (8.30) - Cristallina (10.00) - Basòdino (11.30) - Btta di Vàl Maggia (14.00) - Corno Gries (16.30). Höhenmeter: 2.400
Tag 2: Corno Gries (5:45) - Piansecco (7:15) - Airolo (9:00) - ÖV - Dalpe (10.00) - Campo Tencia (12:00) - Dalpe (13.45). Höhenmeter 1.000

Donnerstag, 3. Juli 2014

Zeit und andere Ressourcen

Dass bei einem Vorhaben, 58 SAC Hütten innerhalb von 100 Tagen zu besuchen, die Ressource Zeit die vielleicht bedeutendste Rolle spielt, sollte keinen verwundern. Daher ist ein effizientes Zeitmanagement genauso wichtig wie eine optimierte Routenplanung der einzelnen Ziele.
Welche Hütten kann man auf einer Route verbinden, wo kann ich übernachten, wo und wann gibt es Verpflegung?
Wann lohnt es sich, dass Bike mitzunehmen, wann benutze ich besser öffentliche Verkehrsmittel?
Dann gibt es auch noch die persönliche Leistungsfähigkeit als limitierenden Faktor: Am Ende einer 2-Tagestour sind häufig die Speicher leer, die körperlichen wie die mentalen.

Für die Planung wesentlich sind neben der Fahrt zum Ausgangspunkt die Aufstiegszeiten zu den Hütten. Mittlerweile hatte ich Erfahrung in dieser Arithmetik: Bei steilen Aufstiegen lassen sich die vorgegebenen "offiziellen" Zeiten fast halbieren (ohne Laufen zu müssen), bei flacheren sind eher 2/3 zu veranschlagen. Und man darf sich nicht täuschen: Im Abstieg ist man nicht viel schneller!
Dies sind natürlich Richtwerte und setzen absolut sichere Verhältnisse und ausreichende körperliche Konstitution voraus. Bergläufer, die mit minimalem Gepäck und ohne Bergschuhe unterwegs sind, werden diese Zeiten sicher unterbieten.
Natürlich darf die zeitliche Optimierung nie auf Kosten der Sicherheit gehen, gerade im abschüssigen, steilen oder heiklen Gelände. Oder auch am Ende einer Tour, wenn Konzentration und Leistungsfähigkeit doch etwas nachlassen.
Über ausreichende Reserven, die Möglichkeit von plötzlichen Wetterveränderungen und entsprechender Verhältnisse im Gebirge bis hin zu Neuschnee will ich hier nur am Rande hinweisen.