Bei der Realisierung meines Hüttenprojektes lerne ich auch Gegenden kennen, die bislang nicht auf meiner Topliste in den Schweizer Alpen standen, wie etwa das Gebiet zwischen Calfeisental und Sernftal. Und das völlig zu unrecht.
Eine anspruchsvolle alpine Wanderung verbindet die Sardonahütte mit der Martinsmadhütte, wobei sich der grösste Teil der Wegstrecke, nämlich zwischen Trinser Furgga und Grischsattel, in Graubünden befindet.
Eine zeitige Anreise mit dem Zug bringt mich über Zürich nach Bad Ragaz und der Bus von dort nach Vättis und weiter an die Staumauer des Gigerwaldsees. Endstation. Zunächst führt der Weg eher unspektakulär auf Asphalt dem Stausee entlang, lediglich einige Tunnel bringen etwas Abwechslung. An der Walsersiedlung
St. Martin weitet sich sich das Tal und die eigentliche Tour beginnt. Bis hierher wäre es möglich, mit dem PKW zu fahren, mit dem Bike ginge es bis weit hinter die Alp Sardona.
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Mittagspause an der Sardonahütte |
An der Alp Sardona endet die Naturstrasse und ein Wanderweg führt zunächst flach, dann steiler werdend über 400 Höhenmeter zur
Sardonahütte. Diese erreiche ich pünktlich zur Mittagszeit, wo mich unerwartet die Sonne begrüsst und ich im Freien das verspätete Znüni geniessen kann.
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Schlussanstieg zur Trinser Furgga |
Die Hüttenwartin gibt mir noch ein paar Tipps für den weiteren Weg und ich verabschiede mich in Richtung Trinser Furgga. Dieser mit einem Steinmann markierte und von der Hütte aus gut sichtbare Übergang wird durch einen leicht ansteigenden Pfad erreicht, der durch abwärts geschichteten Schiefer führt. Bei Neuschnee oder Vereisung wollte ich hier nicht durchgehen müssen.
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Blick zurück ins Calfeisental - Hütte in Bildmitte |
An der Furgga angekommen, geht der Blick zurück ins Calfeisental und nach Süden ins Bündner Oberland, wohin ich weglos über Geröllfelder ohne nennenswerten Höhenverlust weiter ziehe.
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Fast endlose Steinwüsten - Val Sax |
Während der nächsten 3 Stunden bewegt man sich stets zwischen 2300 m und 2500 m, überquert die Fuorcla Raschaglius und La Siala, bis man in das Tal südwestlich des Piz Segnas gelangt, wo mir für heute die ersten und einzigen beiden Menschen begegnen.
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Glarner Hauptüberschiebung |
An verschiedenen Stellen wird deutlich, dass wir uns in einem der bedeutensten alpinen Geotope, der
Glarner Hauptüberschiebung befinden. Eindrucksvoll zeigt sich das
Martinsloch, auch eine Folge geologischer Verwerfungen, von der Bündner Seite. Was zunächst als kleine Öffnung erscheint, sich dann beim Näherkommen als grosses Fenster mitten in der Wand entpuppt, ist nicht nur geologisch sondern auch astronomisch interessant: Vom Kirchturm in Elm, dem Talort auf der Glarner Seite, zeigt sich die Sonne - und auch andere Himmelskörper - nur an ganz bestimmten Tagen im Jahr.
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Martinsloch von der Bündner Seite (Süden) |
Der Aufstieg zum Grischsattel, dem höchsten Punkt der Tour, gestaltete sich dann doch noch etwas anspruchsvoller als erwartet. Anfangs liess ich mich von weit oben sichtbaren Aufstiegsspuren irritieren, an denen ich mich orientierte (rote Linie), um dann über den immer steiler werdenden Ausstieg auf 2500 m aus der Wand auszusteigen. Glücklicherweise hatte ich einen Eispickel dabei, der mir im abwärts geschichteten Schiefer gute Dienste leistete. Oben angekommen blickte ich nach unten und musste zugeben, dass das mit T4/5 nichts mehr zu tun hat und ich hier sicher nicht abgestiegen wäre. Tipp: Am besten rechts (i.S.d.A.) halten.
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Varianten zum Grischsattel (blau markiert: Originalroute) |
Die sichtbaren Aufstiegsspuren erwiesen sich dann doch nicht als Illusion, sie waren jedoch nicht menschlichen, sondern tierischen Ursprungs. Konkret: Als ich näher kam, sah ich ein Rudel Gämse nach oben springen, deutlich lockerer und schneller als der scheinbare Verfolger.
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Abstieg ins Sernftal |
Mit dem Grischsattel war der höchste Punkt des Tages erreicht und damit mein zweites heutiges Hüttenziel, die
Martinsmadhütte, nicht mehr weit. Da man dort bereits die Saison beendet hat, entschloss ich mich, gleich nach Elm abzusteigen. Glücklicherweise gab's im Winterraum ausreichend Flüssigkeit, wo ich mich bei der Abteilung 'Alkoholfrei' bediente - natürlich nicht ohne im Kässeli zu bezahlen. Der Tag endete wettermässig so, wie er begonnen hatte: Eine halbe Stunde Dauerregen.
Und der nächste Tag begann ebenso. Ein gut 1-stündiger Fussmarsch von Linth nach Tierfehd brachte zwar den Körper auf Betriebstemperatur, wegen des Dauerregens gab es aber nur die beiden Alternativen: Entweder vom Regen oder vom eigenen Schweiss nass zu werden. Das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche.
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Axpo Linthal 2015 |
Daher hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, zusammen mit den Arbeitern des Muttsee Stauseeprojekts
Linthal 2015 die Seilbahn nach Kalktrittli zu benutzen und von dort die gleichnamige Hütte in Angriff zu nehmen. (Hier investiert Axpo, der Namensgeber meines Hüttenprojektes.)
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Neuschnee auf dem Weg zur Muttseehütte |
Oben gab es bereits Neuschnee und auch auf der Muttseehütte hat man die Zelte bereits abgebrochen, so dass mich nach kurzem Aufenthalt auf den Rückweg machte.
Fakten:
1. Tag
Gigerwaldsee Staumauer (10.45) - Sardonahütte (11.50)
Sardonahütte (12.15) - Trinser Furgga (13.00) - Val Sax - Plaun dils Agls - Fuorcla Raschglius (14.00) - Segnas Sura - La Siala - Las Patas - Il Vonn - Grischsattel (16:00) - Martinsmadhütte (16.45)
Martinsmadhütte (17.15) - Elm (18.30)
Aufstieg: 2'250 Hm
Distanz: 32 Kilometer
2. Tag
Linthal
(6.45) - Tierfehd (8.00) - Bergbahn - Kalktrittli (8.10) - Muttseehütte (9.45) - Kalktrittli (11.00) - Bergbahn - Linthal (12.45)
Aufstieg: 800 Hm